Die Weltfunkkonferenz 2023 (WRC-23) hat den terrestrischen Rundfunk als alleinigen primären Nutzer der TV-UHF-Frequenzen 470-694 MHz bis mindestens zur WRC-31 bestätigt. Daher entwickelt der Rundfunk jetzt planungssicher die Zukunft der Terrestrik. Die öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbieter, sowie die Media Broadcast führen seit Jahren Untersuchungen zu zukünftigen terrestrischen Verbreitungssystemen wie z.B. 5G Broadcast durch. Aktuell laufen seitens ARD und Media Broadcast anlässlich der Fußball-EM und der Olympischen Spiele bundesweit Versuche mit 5G Broadcast.
Ungeachtet des klaren WRC-Ergebnisses wurden Bestrebungen des Bundesverteidigungsministeriums (BMVg) bekannt, eine feste Zuweisung von mindestens fünf TV-Kanälen (5 x 8 MHz) in drei Bereichen des TV-UHF-Bandes für die Bundeswehr herbeizuführen:
– im unteren Bereich 470 – 510 MHz zwei von fünf Kanälen
– im mittleren Bereich 510 – 606 MHz ein Kanal von zwölf Kanälen
– im oberen Bereich 614 – 694 zwei Kanäle von zehn Kanälen.
Das BMVg argumentiert, dass das NATO-Frequenzband keine weitere Entwicklung mehr zulasse und deswegen dieser hohe Frequenzbedarf vorliege. Allerdings ist aus keinem anderen europäischen Land eine vergleichbare Forderung bekannt. Hier scheint die Forderung nach einem deutschen Sonderweg vorzuliegen, welcher der Einigung auf der WRC grundsätzlich entgegensteht.
Letztlich begehrt das BMVg eine flächige und dauerhafte Lösung.
Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese hohen Frequenzforderungen für den Friedensfall gelten sollen. Im Spannungs- und Krisenfall gelten völlig andere telekommunikationsrechtliche Regelungen, die der Bundeswehr einen umfassenden Zugriff auf das dann benötigte Frequenzspektrum sichern.
Aufgrund der von der Bundeswehr geplanten technischen Nutzung wären in Summe nicht 40 MHz (5 TV-Kanäle), sondern 72 MHz (9 TV-Kanäle) des TV-UHF-Spektrums für Rundfunk und PMSE nicht mehr verfügbar. Es entstünde eine ineffiziente Frequenznutzung.
Schäden für den Rundfunk:
In weiten Teilen der Bundesrepublik fiele die Hälfte der deutschlandweit sechs Bedeckungen und damit das dementsprechende Programmangebot weg. Die Grundlage für ein attraktives Programmangebot über einen unabhängigen Verbreitungsweg, der für die Information im Krisenfall unabdingbar ist, entfiele. Die Einführung von 5G Broadcast wäre nicht mehr möglich. Potenzielle Einbußen der Reichweite bei allen TV-Sendern und Auswirkungen auf die Refinanzierung von privaten Fernsehsendern wären die Folge.
Außerdem muss beachtet werden, dass die in den Haushalten befindlichen, vielfach auch portablen und mobilen, DVB-T2-Empfänger „offen“ für die umgewidmeten Frequenzen sind und dort weiter TV-Signale erwarten. Dadurch würden die Empfänger in der Umgebung der überall möglichen Bundeswehr-Nutzungen gestört und könnten TV-Programme nicht mehr verlässlich empfangen.
Schäden für PMSE-Nutzer:
Der TV-UHF-Frequenzbereich wird weltweit intensiv von PMSE-Geräten genutzt. Die Geräte können jedoch in der Regel nur Teilbereiche, wie z.B. 470-512 MHz, adressieren. Folglich wäre eine Entnahme von zwei TV-Kanälen im unteren Bereich für die Bundeswehr besonders problematisch. Die für PMSE verfügbare Kapazität würde sich damit um 50 % bis 100 % in diesem durch PMSE-Nutzer stark genutzten Teilbereich reduzieren und damit im Markt befindliche PMSE-Geräte und -Installationen weitgehend unbrauchbar machen.
In vielen Regionen gingen insgesamt etwa 50 % der PMSE-Kapazität verloren. In einigen Regionen Deutschlands könnten die Kapazitäten für PMSE nahezu vollständig wegfallen, da für PMSE nur die „Frequenzlücken“ zur Verfügung stehen, die der Primärnutzer Rundfunk am jeweiligen Ort lässt. Dies würde zwangsläufig zu massiven Einschnitten bei Medienproduktionen führen. Große Veranstaltungen wie Shows, Messen oder Kongresse stehen bereits heute aufgrund der hohen Auslastung des Frequenzbandes vor Herausforderungen und könnten in der bisherigen Form nicht mehr durchführbar sein. Darüber hinaus wären auch mittelgroße Musikfestivals sowie örtliche Einrichtungen wie Kirchen, Schulen und Theater aber auch Wirtschaftsunternehmen oder der Politikbetrieb betroffen.
Eine Rückkehr Deutschlands zu kabelgebundenen Mikrofonen, wie sie nur bis etwa zur Mitte der 1980er Jahre gebräuchlich waren, wäre internationalen Veranstaltern und Künstlern nicht vermittelbar. Dies würde zu einem klaren internationalen Standortnachteil für Deutschland führen.
Eine Information der Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen:
Die Allianz für Rundfunk- und Kulturfrequenzen ist eine gemeinsame Initiative von ARD, Deutschlandradio, Media Broadcast, den Medienanstalten, SOS – Save Our Spectrum, Sennheiser, VAUNET, ZDF und des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI. Die Allianz setzt sich für die Sicherung des TV-UHF-Spektrums im Bereich 470 bis 694 MHz auch nach 2030 ein, um die Zukunft der terrestrischen Rundfunkverbreitung sowie die Aufrechterhaltung von Kulturveranstaltungen für die Menschen in Deutschland zu ermöglichen.