Wahlabende im Bund und in den Ländern haben ihre eigene Dramaturgie. Bis 18:00 Uhr wird gerätselt, welche Partei gewonnen und welche Stimmen verloren hat. Wenn dann die ersten Prognosen veröffentlicht wurden, beginnt für einige das große Zittern, ob es für den Einzug ins Parlament gereicht hat und es wird diskutiert, wer zukünftig die Regierung bilden könnte.
Wahlen sind nicht nur das „Hochamt der Demokratie“, wie es schon 1927 der Schriftsteller H.G. Wells formuliert hat, sondern auch eine Herausforderung für die Medien, schnell und umfassend über den Wahlausgang zu berichten. ARD und ZDF liefern sich um die beste Prognose und die schnellste Hochrechnung ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch eine Vielzahl weiterer Fernseh- und Hörfunksender aus dem In- und Ausland berichtet regelmäßig mit hohem Technik- und Personalaufwand live.
Berichterstattung bei der Bürgerschaftswahl 2015
So auch bei der letzten Wahl zur Bremischen Bürgerschaft in Mai 2015. Wo immer möglich, waren im Haus der Bürgerschaft Fernseh- und Hörfunkstudios aufgebaut, vor dem Gebäude fanden sich zahlreiche Übertragungswagen. Außerdem waren Rundfunkteams auf den Wahlpartys der Parteien aktiv, die über das Stadtgebiet verteilt stattfanden. Insgesamt 311 Personen waren in Bremen und Bremerhaven damit beschäftigt, die Fernseh- und Hörfunkübertragungen sicherzustellen.
Damit schnell und überall jede Äußerung der Politiker eingefangen werden konnte, wurde wie immer drahtlose Produktionstechnik eingesetzt. Dazu mussten 322 Frequenzen, so genannte Strecken, koordiniert werden – deutlich mehr als etwa bei der Übertragung des DFB-Pokalfinales 2014 aus dem Berliner Olympiastadion. Dies haben Messungen der DKE (Deutsche Kommission für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnologie im DIN[1] und VDE[2]) ergeben. Sie belegen ferner, dass bereits heute kaum mehr genug Spektrum vorhanden ist, um diese Anzahl an drahtlosen Strecken in Bremen zu betreiben. So wurden teilweise Frequenzen doppelt belegt, was allerdings nur an Orten mit einer ausreichenden Signaldämpfung durch Gebäudewände möglich war.
Düstere Perspektive für das Wahljahr 2019
Die DKE hat auch untersucht, wie sich die Versteigerungen der 700-MHz- und 800-MHz-Spektren (Digitale Dividenden 1 und 2) an den Mobilfunk auf solche Wahlabende auswirken werden. Ihr Bericht zeigt, dass in Zukunft nicht mehr genügend Frequenzen zur Verfügung stehen, um eine Berichterstattung wie im Jahr 2015 sicherzustellen. Schon zum nächsten Wahltermin 2019 drohen empfindliche Einschränkungen, wenn die Politik nicht schnell handelt und Ersatzspektrum zur Verfügung stellt. Die Umstellung des digitalen Antennenfernsehens auf den neuen Übertragungsstandard DVB-T2 wird zu diesem Zeitpunkt bereits im vollen Gange sein und das nutzbare Spektrum zusätzlich reduzieren. Die Verwaltung der Bürgerschaft wird dann die Fernseh- und Hörfunksender auswählen müssen, die noch mit drahtlosem Equipment arbeiten dürfen. Alle anderen müssen, sofern überhaupt möglich, kabelgebundene Systeme einsetzen oder auf eine Live-Berichterstattung verzichten. Dies bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Rundfunkfreiheit und die unabhängige Meinungsbildung der Bürger.
Nähere Informationen finden Sie im offiziellen Bericht der DKE: Download im Volltext
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[1] DIN = Deutsches Institut für Normung, http://www.din.de/
[2] VDE = Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e.V., https://www.vde.com/