Der Wahlkampf nimmt Fahrt auf, im September 2017 werden die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands einen neuen Bundestag wählen. Doch wofür stehen die einzelnen Parteien? Schon bei den großen gesellschafts-, wirtschafts- und außenpolitischen Themen lässt sich diese Frage nicht eindeutig beantworten. Noch schwieriger wird es bei Fachthemen, die in der breiten öffentlichen Diskussion und in den Wahlprogrammen oft nur eine untergeordnete Rolle spielen – auch dann, wenn sie zukunftsentscheidend sind.
Wir wollten wissen: Welche Partei sorgt dafür, dass Anwender drahtloser Produktionsmittel weiterhin genug verlässliches Frequenzspektrum nutzen können – von der kleinen Theaterbühne bis hin zum medialen Großereignis? „SOS – Save Our Spectrum“ hat alle im Bundestag vertretenen Parteien sowie FDP und AfD genau dazu befragt und bereits im August 2016 so genannte Wahlprüfsteine an sie versendet (hier können Sie unsere Anfrage im Original herunterladen). Die Antworten stellen wir Ihnen in unserem Special zur Bundestagswahl 2017 vor und geben außerdem einen kurzen Überblick zur aktuellen Situation im Kampf um die Funkfrequenzen.
Der Kollaps droht ab 2019
Weder die einmalige deutsche Theater- und Orchesterlandschaft, noch die Kultur- und Kreativwirtschaft, einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige unseres Landes, kommen heutzutage ohne professionelle drahtlose Produktionstechnik aus. Auch ist davon auszugehen, dass die Bürger weiterhin spektakuläre Bühnenshows und die gewohnte Vielfalt der Live-Berichterstattung in Hörfunk und Fernsehen genießen möchten – ohne faktische Einschränkung der Presse- oder Rundfunkfreiheit.
Drahtlose Produktionsmittel brauchen jedoch freie Frequenzen, auf denen sie senden können. Das zur Verfügung stehende Funkspektrum wird absehbar spätestens ab 2019 nicht mehr ausreichen, um den heutigen Bedarf zu decken. Der Frequenzbereich 694 – 790 MHz (Digitale Dividende 2), der auch nach der Versteigerung an den Mobilfunk bislang noch genutzt werden kann, muss dann endgültig geräumt werden. Bisher gibt es keine Aussicht auf einen adäquaten Ersatz, vielerorts droht Drahtlosproduktionen der Zusammenbruch.
Die Ergebnisse im Überblick
Bislang liegen „SOS – Save Our Spectrum“ die Antworten von Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und FDP vor. CDU, CSU, SPD und AfD bitten noch um etwas Geduld. Sobald diese Parteien uns ihre Positionen mitteilen, werden wir erneut berichten.
Unsere Fragen an die Parteien und die dazugehörigen Antworten finden Sie in folgendem Dokument im Volltext zusammengefasst. Da die FDP nicht direkt auf die Fragen, sondern in Form einer allgemeinen Stellungnahme antwortete, stellen wir ihre Stellungnahme separat zur Verfügung.
Bündnis 90/Die Grünen bekennen sich am konsequentesten dazu, das heute für drahtlose Produktionen wichtigste Frequenzspektrum 470 – 694 MHz bis 2030 schützen zu wollen – ohne dem Mobilfunk die „Flexibilitätsoption“ der vorzeitigen teilweisen Nutzung einzuräumen. Zudem fordern sie, vor einer weiteren Vergabe von Frequenzen an den Mobilfunk zuerst dessen tatsächlichen Frequenzbedarf zu prüfen.
DIE LINKE und die FDP sprechen sich deutlicher als die Grünen dafür aus, Ersatzspektrum mit langfristiger Planungssicherheit für die bislang erlittenen Frequenzverluste bereitzustellen.
DIE LINKE zeigt sich außerdem offen dafür, drahtlosen Produktionsmitteln im UHF-Band den Primärnutzerstatus zu verleihen.
Die FDP möchte Forschungsförderung betreiben, um in Zeiten der immer stärkeren Beanspruchung von Frequenzressourcen durch den Mobilfunk die Effizienz der Frequenznutzung zu erhöhen.
Auffällig ist, dass keine der Parteien konkrete Maßnahmen nennt, um das UHF-Spektrum oder alternatives Spektrum zu sichern.
Dabei hat die EU längst Empfehlungen für Frequenzen formuliert (Recommendation 70-03), die wenigstens einen kleinen Teil des Verlustes kompensieren würden. Die deutsche Bundespolitik müsste sie nur noch umsetzen und rechtsverbindlich in der nationalen Frequenzordnung festschreiben.
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