Auch in Österreich, vor allem in Wien, macht sich Frequenzmangel für die Kultur breit. Noch werden die Probleme von der Pandemie überlagert. Danach aber könnte es so manche böse Überraschung geben, warnt Christoph Keintzel, Leiter der Tonabteilung im Akademietheater, im Gespräch mit der Initiative „SOS – Save Our Spectrum“.
Die Pandemie wütet auch in Österreich. Wie ist die Situation für die Kultur bei Ihnen?
Für den Kunst und Kulturbereich ist die Pandemie natürlich eine Katastrophe. Österreich bezeichnet sich ja gerne als Kunst und Kulturland. Aber im Moment werden beispielweise Theater in den Pressekonferenzen gar nicht mehr erwähnt.
Dabei ist man in den großen Theatern wie ich es bin ja noch in einer privilegierten Situation. Wir sind angestellt – in Kurzarbeit, und proben auch die ganze Zeit. Eigentlich hat man fast das Gefühl, wir arbeiten sogar mehr als sonst….
Aber für die freien Schauspieler, Musiker, KabarettistInnen und andere geht es natürlich schon sehr an die Substanz. Da gehts einerseits ums Geld, und andererseits natürlich darum, dass die alle ihr Publikum brauchen, weil sie Ihren Beruf ausüben wollen.
Sehr hart trifft es natürlich auch die Zulieferer, in meiner Branche die Ton/ Licht/ Video Ausstatter. Ihnen werden teilweise staatliche Hilfen verwehrt, weil sie ja nicht mit einem Arbeitsverbot belegt wurden….
Die europäische Kulturbranche leidet auch unter den Frequenzverlusten der letzten Jahre. Merken Sie das auch?
Ja, wir merken das immer deutlicher. Dass die Digitale Dividende 2 seit Sommer 2020 voll zum Tragen kommt, ist nur deswegen nicht so recht aufgefallen, weil pandemiebedingt kaum Veranstaltungen, und schon gar kein großen Festivals stattfinden.
Bei vielen TechnikerInnen ist es noch gar nicht richtig angekommen, dass Frequenzen ein wertvolles Gut sind, die nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen.
In diversen Internetforen tauchen neuerdings aber immer öfter Fragen in diese Richtung auf. Ich glaube, wenn die Veranstaltungen wieder voll hochgefahren werden, wirds da noch so manche Überraschung geben…
Ist der Frequenzbereich von 470 bis 694 MHz für die österreichischen Theater notwendig?
Ja. Absolut. Gerade in Ballungszentren hat man oftmals zahlreiche Veranstaltungen auf engem Raum. Alleine in den Häuser der österreichischen Bundestheater (Staatsoper, Volksoper, Burg- und Akademietheater) haben wir schon fast 200 Funkstrecken am Start. Wenn man in Wien in der Innenstadt am Abend das Funkspektrum scannt, sieht man, dass es da schon recht wenig Lücken gibt.
Das Akademietheater etwa steht Wand an Wand mit dem Wiener Konzerthaus. Das ist quasi 300 Tage im Jahr eine Großveranstaltung. Wir haben unsere Frequenzen aufeinander abgestimmt.
In enger Nachbarschaft ist auch noch das Kasino am Schwarzenbergplatz. Das ist einen Nebenspielstätte von uns, da planen wir die Frequenzen natürlich mit. Aber daneben ist noch das Hotel Intercontinental mit seinen Kongressräumen, die Industriellenvereinigung, dann kommt der Musikverein, in die andere Richtung der Kursalon Hübner im Stadtpark. Es gibt in diesem Bereich praktisch niemanden der nicht potentiell störende Nachbarn hat (in Bezug auf Funk 😉).
Was sind Ihre Wünsche an die österreichische Regierung beim Thema „Kulturfrequenzen“?
Bis dato war die Haltung der Regierung bzw. der Funkverwaltung „pro“ Kulturfrequenzen. Ich hoffe, diese positive Grundhaltung und das Verständnis dafür erhalten bleiben.
Durch die Corona Krise ist allerdings deutlich geworden, dass in einigen Regionen der Netzausbau wirklich sehr erbärmlich ist.
Ich hoffe, die Mobilfunkbetreiber nützen diesen Umstand (an dem sie ja nicht ganz unschuldig sind) nicht zu ihren Gunsten, um mehr Frequenzen zu fordern, bzw. ich hoffe, dass die Regierung dann hoffentlich nicht drauf reinfällt.
Wie Sie – als ÖTHG oder Leiter der Tonabteilung im Akademietheater – in die nationale Vorbereitung der Weltfunkkonferenz eingebunden?
Die Funkverwaltung hat vor der letzten Weltfunkkonferenz zu einer Infoveranstaltung geladen. Nachdem es kürzlich ein „Kommunikations-hoppala“ zwischen Funkverwaltung und PMSE Anwendern gab, und danach von den Verantwortlichen bessere Kommunikation gelobt wurde, hoffe ich sehr, dass es auch vor der nächsten WRC so eine Veranstaltung gibt.
Durch Corona sind diese Dinge leider etwas erschwert worden.
Was können und sollen Organisationen wie APWPT tun?
Ich denke die Arbeit des APWPT in Brüssel, auf der WRC und bei all den Gremien und Arbeitsgruppen ist extrem wichtig. Das ist so komplex, dass es für Anwender schlichtweg nicht zu überblicken ist. Da es bei diesen Sachen ja viel um Lobbyarbeit geht, braucht man einfach Profis, die sich mit dieser manchmal doch etwas trockenen Materie durchgehend beschäftigen, um den sicher sehr gut aufgestellten Mobilfunkern und anderen Anwendern bei Frequenzbegehrlichkeiten entgegen zu halten.
(Das Interview fand am 9. März 2021 mit einer Videokonferenz statt.)