Leitfaden für Ausgleichzahlungen

Leitfaden für Ausgleichzahlungen

Leitfaden für Ausgleichzahlungen 150 150 SOS - Save our Spectrum

Seit 1. Januar 2016 können Nutzer bei der Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen (BAV) Anträge auf Ausgleichzahlungen für drahtlose Produktionsmittel stellen, wenn diese wegen der Versteigerung des 700-MHz-Bandes und der Verlagerung von TV-Sendern in dem Bereich 470 – 694 MHz gestört werden[1].

Grundlage ist die „Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen für Ausgleichszahlungen an Nutzer drahtloser Produktionsmittel („PMSE“) für aus der Umwidmung der Frequenzen im Frequenzbereich 694 – 790 MHz resultierende Umstellungskosten (RL-UmstKoPMSE700)“[2].

Anträge auf Erstattung können nur online bei der BAV gestellt werden. Im Folgenden geben wir Hintergrundinformationen zu den einzelnen Regelungen. Eine Kurzzusammenfassung als Infografik ist am Ende dieses Artikels downloadbar. Ebenfalls können Sie dort eine Druckversion des Artikels im PDF-Format herunterladen.

Antragsberechtigte

Antragsberechtigt sind Eigentümer von drahtlosen Produktionsmitteln, in der Richtlinie als Funkanlagen bezeichnet, die in dem Frequenzbereich 694 – 790 MHz (700-MHz-Band) betrieben werden. Wenn durch die Verlagerung der TV-Sender in den Bereich 470 – 694 MHz dort betriebene Funkmikrofone gestört werden, sind deren Eigentümer ebenfalls antragsberechtigt.

Keine Erstattung erhalten Besitzer von Funkmikrofonen, für die sie einen Miet- oder Leasingvertrag abgeschlossen haben. Sie können sich aber an ihren Vermieter oder den Leasinggeber wenden, damit diese einen Antrag stellen. Möglicherweise können Sie vereinbaren, dass die dabei erzielten Erstattungen bei der Mietzahlung oder den Leasingraten angerechnet werden.

Der Antragsteller muss für die betroffenen Geräte über eine Frequenzzuteilung der Bundesnetzagentur verfügen, die vor dem 31. Dezember 2015 ausgestellt sein muss. Bei geleasten Geräten reicht es, dass die Zuteilung auf den Leasingnehmer lautet.

Um einen Anspruch geltend machen zu können, müssen die Geräte einen Anschaffungswert von mindestens 410 Euro haben.

Die Ausgleichzahlung setzt voraus, dass die Geräte „als Funkanwendungen professioneller drahtloser Produktionen betrieben werden“ (§ 2 Abs 1 RL-PMSE700). Das ist nach der Richtlinie der gewerblich und fachmännisch ausgeübte Einsatz drahtloser Produktionsmittel. Hierzu zählen Programmproduktionen sowie sonstige professionelle Veranstaltungen und Einrichtungen, wie Theateraufführungen, Konzerte professioneller Musikgruppen oder professionelle Dienstleistungen der Veranstaltungstechnik.

Es ist jedoch in der Praxis kaum möglich, die Anwendungen zu unterscheiden. Daher nimmt das BAV bei Geräten mit gültiger Frequenzzuteilung automatisch an, dass damit Funkanwendungen professioneller drahtloser Produktionen betrieben werden.

Zeitpunkt der Anschaffung der Geräte

Im Normalfall (bei Privatpersonen und Unternehmen) wird eine Zahlung nur für Geräte geleistet, die zwischen dem 01.01.2012 und dem 31.03.2015 angeschafft wurden.

Wurden die Geräte jedoch von einer gemeinnützigen, staatlichen oder öffentlich-rechtlichen Einrichtung angeschafft oder mindestens überwiegend aus öffentlichen Mittel finanziert, erfolgt eine Ausgleichszahlung für Geräte, die in der Zeit vom 01.01.1997 bis 31.03.2015 beschafft wurden. Mit dieser Regelung sollen insbesondere Kultureinrichtungen besser gestellt werden.

Die Anschaffung des drahtlosen Equipments muss sich aus dem Kaufbeleg oder einer anderen Vereinbarung ergeben und nachgewiesen werden. Das muss nicht immer ein Kauf gewesen sein. Es reicht auch eine Schenkung.

Funkanlagen mit mehreren Sendern/Empfängern

Ausgleichzahlungen werden für Funkanlagen gewährt, die wegen der Frequenzumstellung nicht mehr genutzt werden können. Dies gilt nicht für Teile, die auch zukünftig weiter eingesetzt werden können wie z.B. Mikrofonständer.

Kompliziert wird dies bei Anlagen, die aus mehr als einem Sender und Empfänger bestehen. Bei solchen Anlagen können in der Regel die Antenne, aktive Verstärker und oft auch Kabel nicht mehr genutzt werden und müssen ersetzt werden. Müssen die Geräte z.B. in Theatern in Racks eingebaut werden, ist nicht ausgeschlossen, dass die neuen Geräte dort nicht untergebracht werden können. In diesem Fall sind ebenfalls Ausgleichszahlungen für die Gestelle zu leisten.

Hat das BAV Zweifel, ob die geltend gemachten Kosten tatsächlich von der Frequenzumstellung verursacht sind, kann es ein Gutachten in Auftrag geben. Stellt sich heraus, dass ein Antragsteller nicht erstattungsfähige Kosten angegeben hat, muss er die Kosten für das Gutachten tragen.

Die Antragsteller müssen jedoch davon ausgehen, dass das BAV über ausreichend Sachkenntnisse verfügt, um auch komplexe Funkanlagen beurteilen zu können. Die Behörde kann mangelnde Sachkenntnis nicht dadurch ersetzen, dass sie bei größeren Funkanlagen grundsätzlich Gutachten einholt und damit das Kostenrisiko des Gutachtens dem Antragsteller überträgt.

Ein Gutachten muss angesichts von komplexen Funkanlagen Fällen vorbehalten sein, wo ein begründeter Verdacht besteht, dass ein Antragsteller in böser Absicht handelt, um sich Zahlungen zu erschleichen. Im Regelfall wird das BAV im Vorfeld versuchen, mit dem Antragsteller zu klären, welche Teile einer Anlage weitergenutzt werden können.

Geräte im 700-MHz-Band

Unabhängig von der Frage, ob drahtlose Produktionsmittel tatsächlich gestört sind, können ab sofort für alle Geräte im 700 MHz-Band Ausgleichszahlungen beantragt werden. Eine Störung muss nicht nachgewiesen werden, weil das Spektrum in jedem Fall für den Mobilfunk geräumt werden muss und dann nicht mehr von Funkmikrofonen usw. genutzt werden kann.

Da die Höhe des Erstattungsbetrags vom Datum des Erwerbs abhängig ist, sollte schon jetzt der Antrag gestellt werden, um einen möglichst hohen Betrag zu erhalten. Auch wenn ein Antragsteller eine Zahlung erhalten hat, kann er seine Geräte im 700-MHz-Band rechtmäßig weiternutzen. Er muss sie nicht verschrotten. Es ist nicht notwendig, die Umrüstung tatsächlich vorzunehmen und nachzuweisen.

Da sich die Räumung des 700-MHz-Spektrums und damit auch die Nutzung durch den Mobilfunk verzögert, können diese Funkanalagen voraussichtlich noch lange weiterbetrieben werden, da auch die Frequenzzuteilung meist noch mehrere Jahre gültig ist.

Bei der Umstellung im 800-MHz-Band haben nicht wenige ihre alten Geräte anschließend auch noch ins Ausland verkauft.

Geräte im Band 470 – 694 MHz

Für Geräte im Bereich 470 – 694 MHz wird eine Ausgleichzahlung geleistet, wenn sie zukünftig durch TV-Sender gestört werden, die in dieses Spektrum verlagert wurden. Der Antragsteller muss in diesem Fall aber die Störung nachweisen.

Dies wird aber erst in den kommenden Jahren relevant, wenn die Auslandskoordinierung der TV-Frequenzen abgeschlossen ist und die Fernsehsender verlagert und in Betrieb genommen wurden. Erst dann kann man die Störung tatsächlich feststellen. Da die Störstrahlung eines TV-Senders in der Regel dreimal so weit reicht wie das eigentliche Sendesignal, stören auch weit entfernte Fernsehsender.

Unklar ist noch, wie die Störbetroffenheit dem BAV nachgewiesen werden muss. Dies ist einfach, wenn in den Frequenzlisten der Bundesnetzagentur die TV-Kanäle aufgeführt sind, die auch von der Funkanlage genutzt werden können. Hinsichtlich der Reichweite von Störstrahlungen gibt es auch eine Software-Lösung des Instituts für Rundfunktechnik, um Störungen vorherzusagen. Ob diese dann tatsächlich eintreten, hängt unter anderem von der baulichen Beschaffenheit des Gebäudes ab, in dem die Funkmikrofone eingesetzt werden.

Jede Funkanlage verfügt über eine festgelegte Schaltbandbreite. Ist durch einen TV-Sender nur ein Teil der Schaltbandbreite nicht mehr nutzbar, wird nur ein anteiliger Wertersatz geleistet. Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen die verbleibende Schaltbandbreite nicht ausreicht, um einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf sicherzustellen. Dann sollte ein Antrag auf Entschädigung der gesamten Anlage gestellt werden.

Anders als im 700-MHz-Band reicht die Störung für eine Entschädigung allein nicht aus. Zusätzlich muss der Antragsteller auch nachweisen, dass er wegen der Nutzungseinschränkung eine zusätzliche Funkanlage anschaffen musste. Bei Ansprüchen wegen einer Umrüstung muss der Antragsteller auch nachweisen, dass die Umrüstung erforderlich war. Wie dieser Nachweis geführt werden muss, ist noch unklar.

Höhe der Ausgleichszahlungen

Nach der Richtlinie wird die Höhe der Ausgleichzahlung in der Regel durch einen Vergleich zwischen den Kosten der Umrüstung und dem fiktiven Restwert der Geräte bestimmt. Der niedrigere Wert wird erstattet. Ist eine Umrüstung nicht möglich, richtet sich die Höhe der Zahlung nach dem fiktiven Restwert.

Zu dem fiktiven Restwert wird für die Anschaffungsnebenkosten noch ein Betrag von 10% des Anschaffungspreises hinzugerechnet.

Für die Umrüstung der drahtlosen Produktionsmittel haben die großen Hersteller wie Sennheiser auf ihren Webseiten Listen mit den Geräten veröffentlicht, die umrüstbar sind, und die Kosten der Umrüstung aufgeführt. Hat ein Hersteller keine solche Liste veröffentlicht, muss der Antragsteller den Kostenvoranschlag eines Fachhändlers für die Umrüstung vorlegen.

Bei größeren Funkanlagen, die z.B. in Theatern installiert wurden, können die Planer oder Hersteller beurteilen, welche Teile ersetzt und welche weiter genutzt werden können und wie hoch die Kosten sind.

Bei der Ermittlung des fiktiven Restwertes einer Anlage unterscheidet die Richtlinie zwischen den Antragstellern.

Im Regelfall wird von dem Anschaffungswert pro Jahr ein Fünftel (20%) des Wertes abgezogen, um den fiktiven Restwert zu ermitteln.

Anders ist dies bei Geräten, die von gemeinnützigen, staatlichen oder öffentlich-rechtlichen Einrichtung angeschafft oder die mindestens überwiegend aus öffentlichen Mittel finanziert wurden. Hier wird nicht zwischen den Kosten der Umrüstung und einem fiktiven Restwert entschieden.

Ist eine Umrüstung technisch möglich, werden die tatsächlichen Kosten bis zur Höhe des Preises für ein vergleichbares Neugerät erstattet.

Ist keine Umrüstung möglich, wird der fiktive Restwert ermittelt. Dabei wird eine Nutzungsdauer von 20 Jahren zugrunde gelegt und für die ersten 16 Jahre eine Abschreibung von jährlich einem Zwanzigstel vorgenommen. Für die Jahre 17 bis 20 wird ein Sockelbetrag von vier Zwanzigstel geleistet.

[print_link]


 

Downloads

Externe Links

[1] Online-Portal der BAV zur Beantragung der Ausgleichszahlungen

[2] „Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen für Ausgleichszahlungen“ im Volltext

 

Print Friendly, PDF & Email