Diese Nachricht erhielt „SOS – Save Our Spectrum“ am 3. Juli 2020 vom kulturpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion:
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Künstler und Kreative,
als uns die ersten Nachrichten von einer Corona-Erkrankung im chinesischen Wuhan im Dezember 2019 erreichten, wagte niemand auch nur zu erahnen, dass dieses Virus nur wenige Monate später unser gesamtes Leben weltweit zum Erliegen bringen würde.
Die Politik musste schnell Wege finden, die Pandemie einzudämmen und eine Überlastung unseres fragilen Gesundheitssystems zu verhindern. Dabei waren die vielfältigen und ebenso fragilen Kultureinrichtungen in unserem Land die ersten, die schließen mussten – und sie werden die letzten sein, die wieder ihren Betrieb aufnehmen dürfen. Für die rund eine Million Menschen in Deutschland, die von und – vor allem für – Kunst und Kultur leben, ist diese Perspektive eine existenzielle Bedrohung.
Kunst und Kultur sind keine Unternehmen – sie unterliegen besonderen Regeln und Herausforderungen. Die Lebensrealität ist, dass Künstler und Kreative überwiegend nicht in starren Arbeitsstrukturen arbeiten und vor allem als Solo-Selbstständige aktiv sind. Sie leben von Auftrag zu Auftrag, Spielplänen, saisonalen Events, Projektmitteln und vor allem: Zuschauern. Betriebskosten sind kaum oder nur in geringem Umfang vorhanden – genauso wenig wie Einnahmen für den eigenen Lebensunterhalt.
Wer der Kunst und Kultur in dieser unvergleichlichen Situation wirklich helfen will, muss diese Realität bei allen politischen Entscheidungen beachten.
Natürlich hat die Bundesregierung schnell und mit viel Geld reagiert. Doch die Soforthilfen der ersten Wochen sind bereits seit langem aufgebraucht.
Mit dem eine Milliarde schweren Programm „Neustart Kultur“ will die Große Koalition Hilfe leisten.
Doch diese fließt nicht in Köpfe und kreative Ideen, sondern vor allem in die reine Kulturinfrastruktur. Was nicht per se falsch ist, muss nicht per se richtig sein.
Kunst und Kultur lebt von den Menschen – nicht allein von den Räumen. Aus diesem Grund üben wir als Freie Demokraten entschiedene Kritik an dieser Kurzsichtigkeit und Einseitigkeit der Maßnahmen der Bundesregierung, denn diese tragen den Bedürfnissen der Szene nicht hinreichend Rechnung. Insbesondere dann nicht, wenn man bedenkt, dass die Situation um die Lebenshaltungskosten weiterhin ungeklärt ist.
Die Bundesregierung verweist hier nur zu gern auf ALG-II, doch verkennt sie dabei, dass die Situation der Künstler eine andere ist.
Mein Fraktionskollege Johannes Vogel hat in einer der letzten Regierungsbefragungen den Kanzleramtsminister Prof. Helge Braun (CDU) dazu befragt. Die Antwort ist eine Ohrfeige für die existenziell bedrohten Solo-Selbstständigen (https://www.youtube.com/watch?v=WE3cGiepvcc&feature=emb_title).
Diese Kurzsichtigkeit ist für uns als Freie Demokraten nicht akzeptabel. Als Opposition haben wir mit entsprechenden Anträgen bereits frühzeitig einen besseren Weg aufgezeigt, um Kunst und Kultur durch diese Krise zu helfen. Eine Auswahl finden Sie hier:
Corona-Notfallplan für die Filmwirtschaft (19/18223 – https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/182/1918223.pdf)
Kultur- und Kreativwirtschaft in der Corona-Krise überlebensfähig machen (19/18224 – https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/182/1918224.pdf)
Kultur- und Kreativwirtschaft krisen- und zukunftsfest gestalten (19/18668 – https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/186/1918668.pdf)
Verwaltungsaufwand und -kosten durch ALG-II Anträge von Künstlern und Kreativen in Corona-Zeiten (19/20329 – https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/203/1920329.pdf)
Privatrundfunk vor dem Corona-Kollaps bewahren (19/20196 – https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/201/1920196.pdf)
Status Quo Neustart Kultur (Noch keine Drucksachennummer)
Natürlich werden wir auch in den kommenden Monaten nicht nachlassen, die richtigen politischen Schritte einzufordern.
In der bevorstehenden politischen Sommerpause werde ich dafür verschiedene Gespräche mit der Kultur- und Kreativwirtschaft führen, damit die Politik die nachhaltigen Lehren aus der Krise zieht. Ich würde mich sehr freuen, dabei auch mit Ihnen in den Austausch zu treten.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Hacker MdB